Christine Müller

Gründerin des Fördervereins "Partnerschaft Ruanda Alzey-Worms"

 

Christine Müller engagiert sich bereits seit 21 Jahren für die Partnerschaft zwischen RLP und Ruanda und ist auch mit 70 Jahren noch sehr aktiv. Im Jahr 2000 reiste sie erstmals in das rheinland-pfälzische Partnerland und ist seit dem im positiven Sinne vom Ruanda-Virus befallen. Als damalige Landtagsabgeordnete kam sie im Jahr 2000 mit einer offiziellen Delegation nach Ruanda. Nachdem sie sich von dem Land begeistern ließ, wurde 2001 durch ihre Initiative der Förderverein “Partnerschaft Ruanda Alzey-Worms” gegründet.

 

Wie kam es dazu, dass Sie begonnen haben, sich ehrenamtlich gerade für Ruanda zu engagieren?

Im Jahr 2000 war ich mit einer offiziellen Delegation als damalige Landtagsabgeordnete das erste Mal in Ruanda. Wie viele Abgeordnete hatte ich mich zwar schon vorher mit unserem Partnerland Ruanda beschäftigt. Insbesondere nach dem schrecklichen Genozid haben wir viel darüber gesprochen und auch gespendet. Aber dieser erste Besuch hat mich dieses Land mit ganz anderen Augen sehen lassen und mir war sehr schnell klar, dass ich mich zukünftig engagieren musste.

 

Des Öfteren haben Sie die Formulierung gebraucht, dass Sie sich im positiven Sinne mit dem „Ruanda-Virus“ angesteckt haben – was genau meinen Sie damit, was macht Ruanda für Sie so besonders?

Ich war beeindruckt von der Liebenswürdigkeit der Menschen und habe damals eine tiefe Verbundenheit zu dem Land und seinen Menschen gespürt. Das Wort Ruanda-Virus kommt vom früheren Innenminister Walter Zuber. Ich fragte ihn nach meiner Rückkehr aus Ruanda, ob er mich unterstützen würde bei meinem Bemühen im Landkreis einen Verein zu gründen. Da hat er selbstverständlich zugesagt und sich gefreut, dass ich auch den “Ruanda-Virus” eingefangen habe.​

 

Woher schöpfen Sie immer wieder Kraft, Ausdauer und Motivation weiterzumachen? Denn sicherlich ist in all den Jahren nicht immer alles glatt gelaufen.

Natürlich ist nicht alles glatt gelaufen, aber es gab nie große Enttäuschungen und es drehte sich fast immer zum Positiven. 2005 fand ich zum Beispiel an einer Schule trotz Regenzeit die von uns gebaute Zisterne leer vor. Der Schulleiter sagte mir, sie hätten keinen Hanf zum Abdichten des Hahnes und niemand, der das machen könnte. Das war für mich Grund mich mit den anwesenden Eltern zusammen zu setzen, und wir haben quasi einen „Elternbeirat“ gegründet, der sich um den Erhalt der Schule kümmert. Als ich zwei Jahre später wieder kam, wurde ich zuerst zur funktionierenden Zisterne geführt. Das war Anlass, dass an allen Schulen, die von uns betreut werden, die Eltern zur Mitarbeit geworben wurden.

 

Alzey/Worms hat ja eine Partnerregion in Ruanda, wie wurde diese Region ausgesucht, und können Sie von einer glücklichen Partnerschaft in den letzten 20 Jahren sprechen?

Es gab schon vorher über Innenminister Zuber und die Stadt Alzey partnerschaftliche Beziehungen, aber keine offizielle Partnerschaft mit dieser Region. Diese hat sich natürlich durch die Vereinsgründung und intensive Betreuung zum Positiven entwickelt.

 

Gibt es in Ihrer Partnerregion einen besonderen Themenschwerpunkt, auf den sich Ihr Verein konzentriert und sich in den Projekten widerspiegeln lässt?

Ja, das Thema Bildung für die Kinder und Jugendliche in Ruanda stand von Anfang an in unserem Focus und hat sich auch bewährt. Ich werbe in unseren Schulen hier vor Ort nicht nur für finanzielle Unterstützung, sondern auch für gegenseitiges Verständnis für die unterschiedlichen Kulturen.

 

Wie kamen Sie dazu, sich auch für die Belange von Menschen mit Behinderungen einzusetzen?

Ich hatte eine Delegation aus Ruanda begleitet, die sich um Behinderte in ihrem Land kümmern und habe spontan bei meinem nächsten Besuch in Ruanda die Einladung angenommen, eine Behinderteneinrichtung zu besuchen. Daraus entstand eine Partnerschaft mit der Behinderteneinrichtung Ineza Kabaya und der Fördereinrichtung Löwenschule in Alzey. Zudem bekamen mein Mann und ich ein persönliches Patenkind, den kleinen Japhet, der zusammen mit seinen Eltern von uns privat unterstützt wird, so dass er jetzt sogar eine normale Schule besuchen kann.

 

Welche Projekte konnten Sie seitdem in dem Bereich anstoßen? Haben Sie über die Jahre eine Verbesserung der Situation und Wahrnehmung in der Gesellschaft von Menschen mit Behinderung in RWA feststellen können?

Mit dem Projekt Ineza sind wir als örtlicher Verein voll ausgelastet. Aber dass das Bewusstsein in Ruanda für Menschen in Ruanda positiv begleitet wird, konnte ich schon feststellen. Wir haben auch die Ausbildung von Mitarbeitern der Einrichtung unterstützt. Hier müsste mehr getan werden.

 

Inwieweit können Sie beobachten, dass sich die allgemeinen  Lebensbedingungen für die Menschen in Ihrer Partnerregion durch Ihr Engagement in den vergangenen 20 Jahren verändert haben? Welche Faktoren außer Ihrem Engagement haben dazu beigetragen?

Unsere Partnerregion liegt weit weg von Kigali und gehört zu den ärmsten in Ruanda. Natürlich gibt es auch hier Verbesserungen. Aber die sind bescheiden gegenüber dem Umfeld der Hauptstadt. An dieser Stelle setzten wir mit unserer Arbeit an. Wir haben gerade eine Stromversorgung für eine Partnerschule gebaut, von der auch die Menschen in der Region partizipieren. Was hilft es den Kindern, wenn sie fit gemacht werden sollen für das Internet, aber es gibt keinen Strom bzw. keinen bezahlbaren Strom.

 

Die Partnerschaft feiert im Jahr 2022 ihr 40-jähriges Bestehen und möchte sich auch für die Zukunft gut aufgestellt wissen. Wo sehen Sie vor allem in RLP Herausforderungen?

Ja, wenn ich eine Lösung hätte, wäre ich glücklich und würde vielleicht einen Preis bekommen. Die Gesellschaft verändert sich, vom langfristigen Engagement gehen  viele junge Leute auf projektbezogenes Engagement, das betrifft nicht nur unsere Vereine, sondern alle Vereinsarbeit.

 

Was wünschen Sie der Partnerschaft zum runden Geburtstag?

 Dass der Verein noch lange bestehen bleibt mit ergänzender und veränderter Ausrichtung, wie z. B. mehr Förderung von Initiativen und Verbänden.​