Dr. Olivier Nsengimana

Gründer und Geschäftsführer der Rwanda Wildlife Conservation Association (RWCA)

Der Graukronenkranich, in der ruandischen Kultur ein Symbol für Reichtum und Langlebigkeit, ist seit langem durch den illegalen Handel und die Zerstörung seines Lebensraums vom Aussterben bedroht. Dank der Bemühungen der Rwanda Wildlife Conservation Association (RWCA) und ihrer Mobilisierung der Bevölkerung erhält diese wertvolle Art wieder eine Chance. Neben anderen Projekten bietet das Umusambi-Village am Stadtrand von Kigali eine kleine Oase der Erholung für Kraniche, die aus der Gefangenschaft gerettet wurden und aufgrund von Behinderungen nicht in die freie Wildbahn zurückkehren können. Sowohl das RWCA als auch das Umusambi Village werden vom Tierarzt Dr. Olivier Nsengimana geleitet.

 

Olivier, Du engagierst Dich nun schon seit vielen Jahren für den Schutz der Graukraniche. Könntest Du Deine Arbeit und die Rolle, die Eure Partnerschaft mit dem Zoo Landau dabei spielt, kurz zusammenfassen? 

Unser Verein wurde 2015 offiziell gegründet und setzt sich dafür ein, den Handel mit Kranichen abzuschaffen und sie aus der Gefangenschaft zu befreien. Da die Kraniche aus mehreren Gründen gefährdet sind, verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz. Dazu gehören insbesondere die Sensibilisierung der Öffentlichkeit, die Einbindung der Gemeinden in unsere Bemühungen und die Einrichtung von Programmen zur Schaffung alternativer Einkommensquellen für Gemeindemitglieder, die früher Kraniche zur Bestreitung ihres eigenen Einkommens gefangen haben. Darüber hinaus investieren wir in die Aufklärung, die Überwachung der Art durch die Behörden und die Wiederherstellung von Lebensräumen. 

Unsere Partnerschaft mit dem Zoo Landau und anderen Spendern basiert auf gemeinsamen Überzeugungen und Zielen und hat es uns ermöglicht, unsere Aktivitäten auszuweiten. Mit dem Zoo Landau, der seinerseits Partner des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) ist, arbeiten wir seit 2017 in verschiedenen Projekten zusammen, die von der Kindererziehung bis zur Unterstützung des Umusambi Village reichen. 2017 haben der Zoo, seine Zooschule und der Freundeskreis Ruanda in Zusammenarbeit mit dem NABU und anderen Geldgebern ein Grundstück im Distrikt Burera, Sektor Rwerere, gekauft. Das Land wird nun für Treffen von Jugendumweltclubs sowie von den RWCA Community Marsh Rangers für die Bienenzucht oder für die Gemüse- und Kaninchenzucht genutzt. 

In jüngster Zeit hat uns die Finanzierung durch den Zoo Landau geholfen, unser Team von Community Rangers beim Schutz des Naturschutzgebietes Rugezi Marsh zu unterstützen. Ihre Aufgabe ist es, in dem Sumpfgebiet zu patrouillieren, Graukraniche zu überwachen und zu schützen sowie die Gemeindemitglieder über die Notwendigkeit des Schutzes des Lebensraums aufzuklären. Im Jahr 2021 führte das Team der Community Ranger 2.084 Patrouillen im Sumpfgebiet durch und registrierte 3.507 illegale Aktivitäten wie das Weiden von Vieh oder das Schneiden von Gras. 55 % dieser Verstöße waren so schwerwiegend, dass sie den örtlichen Verantwortlichen zur Weiterverfolgung gemeldet wurden. Die Arbeit der Ranger war während der COVID-19-Pandemie besonders wichtig, da sie ihre Arbeit auch dann fortsetzen konnten, als einige von uns in Kigali eingeschlossen waren. In dieser Zeit haben wir auch eine Zunahme illegaler Aktivitäten festgestellt, wie z. B. das Schneiden von Gras aus dem Sumpf zur Herstellung von Matten, eine leichte Zunahme der Fischerei und einige Jagdaktivitäten. Wir arbeiten eng mit den Gemeinden zusammen, um diese Veränderungen zu verstehen, die mit den wirtschaftlichen Auswirkungen von COVID-19 und der Zunahme von Armut und Hunger zusammenhängen darauf angemessen reagieren zu können.

Welche Rolle spielt der persönliche Austausch in dieser Zusammenarbeit?

Gute Kommunikation ist der Schlüssel zu unserer Partnerschaft. Persönlich tausche ich mich viel mit Dr. Jens-Ove Heckel, Direktor des Zoo Landau, aus, der uns auch 2017 besucht hat. Ein großer Teil der Zusammenarbeit und der Projektumsetzung findet auch über das Büro der Jumelage hier in Kigali statt. Sowohl die Leiterin als auch die Mitarbeiter*innen des Koordinationsbüros sind an der Planung neuer Projekte beteiligt.

Wie könnte die Partnerschaft Eure Arbeit noch weiter stärken? 

Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass die Gesundheit von Tieren und Menschen eng miteinander verbunden sind. Wir können die eine nicht erreichen, ohne die andere zu berücksichtigen. Wir müssen daher den Schutz der Tiere gemeinsam mit den Lebensbedingungen der Menschen betrachten, um sowohl alternative Einkommensquellen zu bieten als auch das Bewusstsein der Menschen für ihre Auswirkungen auf die Natur und die Bedeutung des Wildtierschutzes zu schärfen. Daher würden wir es begrüßen, wenn wir mehr Unterstützung in Form von Investitionen in Projekte erhalten würden, die sich sowohl mit dem Lebensunterhalt als auch mit dem Erhalt der Wildtiere befassen und das große Ganze im Blick haben.

Inwieweit stützt sich Eure Arbeit auf zivilgesellschaftliches Engagement? Wie können sich Bürger*innen aus Ruanda und Rheinland-Pfalz einbringen und Eure Mission unterstützen?

Wir betreiben mehrere Initiativen, um den Naturschutz in den Gemeinden zu etablieren und den den Bürger*innen Verantwortung für den Schutz ihrer Tierarten zu übertragen . Zu diesen Initiativen gehört die Ausbildung von Community Rangers und Community Conservation Champions, die als Biodiversitätsbeobachter und –erzieher*innen in ihren Gemeinden fungieren. Darüber hinaus haben wir Jugendumweltclubs gegründet und schließen mit ausgewählten Gemeinden Naturschutzvereinbarungen ab.

Insbesondere unsere Programme zur Wiederherstellung von Lebensräumen verbinden den Schutz von Wildtieren mit der Schaffung von Arbeitsplätzen vor Ort. Im Rahmen dessen haben wir 21 755 einheimische Bäume gepflanzt, um die Lebensräume zweier Inseln im Rugezi-Sumpf zu renaturieren. Unser Ansatz besteht darin, Bäume wachsen zu lassen und sie nicht nur zu züchten und wir haben 550 Gemeindemitgliedern für die Dauer des Projekts eine befristete Anstellung geboten, um die Bäume zu pflegen und zu betreuen. Wir hatten auch die Gelegenheit, das Konzept des "Ein-Dollar-pro-Baum" (pro Jahr) einzuführen, das nicht nur wirtschaftliche Anreize für die Erhaltung von Land bietet, sondern den Gemeinden auch die Bedeutung der Erhaltung vor Augen führt. Wir sind dabei, ein Team von Seed Champions aufzubauen, die im Sammeln von einheimischem Saatgut geschult werden, um uns beim Aufbau einer Saatgutbank zu unterstützen. Nachdem wir die Gemeinschaften identifiziert und konsultiert haben, könnten wir dieses Projekt mit Hilfe zusätzlicher Mittel ausweiten. Menschen aus verschiedenen Orten könnten so zum Erhalt der Wildtiere und der Artenvielfalt in Ruanda beitragen. Außerdem können sie in ihren Netzwerken auf unsere Naturschutzarbeit aufmerksam machen, lokale Spendenaktionen organisieren, sich ehrenamtlich in unserem Verein engagieren oder selbst Geld und Ausrüstung spenden.

Welche Vision hast Du für Eure Arbeit und die Erhaltung der Arten weltweit? 

Wir wollen ein Vorreiter für den umfassenden Schutz von Wildtieren in Ruanda und der gesamten ostafrikanischen Region sein. Leider gibt es heutzutage eine Entkopplung zwischen den Gemeinden und der biologischen Vielfalt. Wir wollen die Eigenverantwortung der Gemeinden für den Schutz ihrer Arten und natürlichen Ressourcen wiederherstellen. Wir wollen zeigen, dass Naturschutz besser funktioniert, wenn er in den Händen der lokalen Gemeinschaften liegt, also von Menschen, die in dem Gebiet heimisch sind.